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Barrierefreiheit in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Unterkünften und an Ausflugszielen ist eine wichtige Voraussetzung, damit Menschen, die mit einer Beeinträchtigung reisen, einen stressfreien Urlaub verbringen können. Matthias Krása, Leiter der Landesvertretung des Bundesverbandes für Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK) in Schleswig-Holstein, konnte bereits einige Erfahrungen dazu auf seinen Reisen sammeln. In unserem Interview berichtet er von Erleichterungen und Hürden, die ihm beim Urlaub mit Rollstuhl begegnet sind.

Zur Person:

1. Wie heißen Sie?
Mein Name ist Matthias Krása und ich bin Leiter der BSK-Landesvertretung Schleswig-Holstein.

2. Mit welcher körperlichen Beeinträchtigung leben Sie?
Mir fehlen von Geburt an Gliedmaßen ab Ellenbogen/Knie. Deshalb sitze ich im Rollstuhl. Wenn ich unterwegs bin, nutze ich einen Elektrorollstuhl.

Besonderheiten bei der Reiseplanung

3. Wohin sind Sie in der Vergangenheit in den Urlaub gereist?
In den vergangenen Jahren bin ich durch die Corona-Krise weniger gereist. Das letzte Mal war ich in Teneriffa. Davor habe ich die Welt viel bereist. Ich war unter anderem in Schottland, England, Schweden, Dänemark, Frankreich, Italien und Kroatien.

4. Welchen Einfluss hatte die Barrierefreiheit auf die Auswahl Ihres Reiseziels?
Ich reise mit einer Assistenz, daher muss ich eine Reise immer rechtzeitig im Vorfeld planen und mich abstimmen. Bei der Buchung der Unterkünfte wähle ich gern Campingplätze aus, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass die oft mehr Barrierefreiheit bieten als Hotels.

Die barrierefreie An- und Abreise

5. Mit welchem Verkehrsmittel sind Sie bisher in den Urlaub gereist? Mit dem Auto, Flugzeug, Schiff, Bus, Bahn?
Ich reise häufig mit dem Auto oder dem Flugzeug.

6. Wie sind Sie bei der Planung der Flug-/Schiffs-/Bahn-/Busreise vorgegangen?
Welche Unterstützungsangebote haben Sie im Voraus reserviert/gebucht?
Wie leicht oder schwer war es für Sie, die Angebote zu finden und zu buchen?

Bei der Flugreise hat ein Reiseveranstalter die Planung übernommen. Ich habe den Einstiegsservice vom Gate zum Platz genutzt. Allein würde ich aber keine Flugreise planen, da das durch die Bestimmungen der Fluggesellschaften sehr kompliziert ist. Jede Fluglinie gibt andere Anforderungen für die Mitnahme eines Elektrorollstuhls als Sondergepäck vor, die sich in turnusmäßigem Abstand ändern.

7. Welche Erfahrungen haben Sie mit den barrierefreien Angeboten in öffentlichen Verkehrsmitteln gemacht?
Welche barrierefreien Angebote gab es insgesamt bei Ihrer Flug-/Schiffs-/Bahn-/Busreise?
Welche Angebote haben Ihre Reise erleichtert?
Auf welche Hürden sind Sie gestoßen?

Bei Schiffsreisen hatte ich bisher keine Probleme. Beim Aussteigen aus dem Auto auf dem Schiff war immer genügend Platz. Eine Bahnreise ist allerdings schwierig. Beim Ein- und Aussteigen stößt man auf Hürden. Die ICEs der neuesten Generation haben zwar Einstiegshilfen, die allerdings nicht nach UN-Konvention barrierefrei ohne fremde Hilfe bedienbar sind. Der Mobilitätsservice, über den man Unterstützungsbedarf anmelden kann, ist über eine kostenpflichtige Hotline oder online erreichbar. Das finde ich diskriminierend für Personen, die nicht so internetaffin sind. Selbst wenn man für die Reise Unterstützungsbedarf angemeldet hat, ist es nicht sicher, dass man am Zielort tatsächlich aus dem Zug kommt. Auch der Bahnhof kann ein Problem sein, wenn zum Beispiel der Aufzug dort kaputt ist. Mit dem Fernbus habe ich noch keine Erfahrungen gemacht. Allerdings gibt es eine Studie des Bundesverbands für Selbsthilfe Körperbehinderter, in der Menschen von ihren Erlebnissen bei den Fernbusreisen berichten.

8. Welche Erleichterungen hätten Sie sich während Ihrer Reise gewünscht, die es nicht gab?
Ich würde mir wünschen, dass man alle Verkehrsmittel ohne fremde Hilfe nutzen kann.

Frau und Mann im Rollstuhl machen einen Ausflug am Meer mit ihrem Hund.

Barrierefreiheit am Urlaubsort

9. In welcher Art von Unterkünften haben Sie übernachtet? Hotel, Ferienwohnung etc.? Wie haben Sie die Barrierefreiheit in den Unterkünften erlebt?
Ich habe oft auf Campingplätzen übernachtet. Die sind immer gut erreichbar und auf dem Platz konnte ich mich barrierefrei fortbewegen. Außerdem habe ich im Urlaub in Jugendherbergen und Hotels übernachtet. Die bieten leider nicht immer Barrierefreiheit, auch wenn die Unterkünfte sich als barrierefrei bezeichnen.

10. Welche Freizeitangebote nutzen bzw. besuchen Sie im Urlaub am liebsten? Wie zugänglich waren/sind die Angebote für Sie?
Im Urlaub mache ich gern Spaziergänge, häufig am Strand. Ich unternehme auch gern Schifffahrten. Besonders mit den Wasserbussen in Venedig konnte ich eine barrierefreie Rundfahrt genießen. Andere Freizeiteinrichtungen besuche ich leider eher selten, aber ein paar Highlights sind mir in Erinnerung geblieben. In Skandinavien gibt es Freilichtmuseen, die Barrierefreiheit bieten. In Frankreich habe ich eine Stadtmauer aus dem 8. Jahrhundert besucht, die barrierefrei zugänglich war. Dort konnte man mit dem Rollstuhl auf der Mauer entlang fahren. Das fand ich sehr beeindruckend. Ein tolles Erlebnis war auch der Baumkronenpfad im Nationalpark Hainich. Über einen Aufzug konnte man zum Pfad hochfahren und ihn dann mit dem Rollstuhl erleben. In Kinos habe ich bisher weniger gute Erfahrungen gemacht. Das muss natürlich nicht für alle Kinos gelten. Aber auf den Sitzplätzen für Rollstuhlfahrer hat man leider nicht immer gute Sicht. Ich kann mich an einen Kinobesuch erinnern, bei dem ich sogar hinter einem Pfeiler saß.

11. Welche Erleichterungen hätten Sie sich an Ihrem Urlaubsort gewünscht, die es nicht gab?
Ich wünsche mir, dass in allen Publikationen eines Reiseziels nicht auf die Barrierefreiheit, sondern auf die Barrieren hingewiesen werden würde. So könnte ich, wenn darin nichts beschrieben ist, davon ausgehen, dass ich mit 100-prozentiger Barrierefreiheit rechnen kann. Das würde mir auch die Planung erleichtern. Sonst muss ich immer erst schauen, wo ich hinreisen möchte und dann nach barrierefreien Angeboten recherchieren. Das ist mir zu aufwändig.

Fazit: Ein Erfahrungsbericht zum Urlaub mit Rollstuhl

Die Erlebnisse von Herrn Krása zeigen, dass eine Reise mit einer Beeinträchtigung mit einer sorgfältigen Planung möglich ist. Seine Erfahrungen spiegeln dagegen auch wider, wie aufwändig es für Reisende sein kann, die passenden Unterstützungsmöglichkeiten zu finden und zu buchen. Als barrierefrei gekennzeichnete Angebote erfüllen nicht immer die vorgegebenen Anforderungen. Umso schöner ist es, wenn im Urlaub beeindruckende Sehenswürdigkeiten ungeahnt zu einem barrierefreien Erlebnis werden. Insgesamt lässt sich erkennen, dass sich Urlaubs- und Verkehrsanbieter darum bemühen, Menschen mit einer Beeinträchtigung eine hürdenlose Reise zu ermöglichen. Damit Reisende in Zukunft vollkommen eigenständig in den Urlaub fahren können, sollten Hürden weiterhin abgebaut und Hilfsangebote verbessert werden.

*Stand: März 2023

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